Ausgabe vom 18. September 2021 - Geniessen & Erleben

Knastkindheit

Unalltägliche Alltagsgeschichten

hs. Bis Anfang der 1980-er Jahre war es in schwäbischen Kleinstädten wohl üblich, dass der Gefängnisleiter mit seiner Familie im Gefängnis wohnte. So konnte er seine Schützlinge rund um die Uhr im Blick haben.

Das berichtete eine Dame, die es wissen musste. Sie war nämlich die Tochter eines solchen Anstaltsleiters, sprich: sie hatte ihre Kindheit im Knast verbracht. Bis zu ihrem 14. Lebensjahr lebte sie dort - natürlich nicht in einer Zelle, sondern in einer Dienstwohnung. Doch ihr Alltag war schon stark geprägt vom Beruf des Vaters - und von dem der Mutter. Denn diese hatte die Aufgabe, für die gesamte Mannschaft zu kochen, also für ihre Kinder, den Mann, seine Kollegen sowie für sämtliche rund 40 Häftlinge - und das an sieben Tagen die Woche. Gekocht wurde nicht in der Dienstwohnung, sondern in der Gefängnisküche. Dabei halfen einige Häftlinge mit. Die Tochter war anfangs auch dabei - im Laufstall, denn die Mutter konnte sie ja nicht unbeaufsichtigt in der Wohnung lassen. Alle passten auf das Kleinkind auf, auch die Häftlinge, vor allem Herr P.

Er saß immer wieder in der Anstalt ein, wegen kleinerer Vergehen, die er bevorzugt zu Beginn der kalten Jahreszeit beging. Unsere Erzählerin erinnert sich noch, wie sie einmal sein Gesicht mit Wäscheklammern verzierte, die dann an seinen Wangen, an seiner Nase und sonst wo hingen.

Ob die Familie keine Angst habe vor den Insassen, wurde die Mutter einmal gefragt. "Die wollen nichts von uns", antwortete sie, "die wollen nur weg". Und manchmal anscheinend mit Erfolg: Als die Tochter eines Morgens nach dem Aufstehen aus dem Fenster sah, baumelten dort zusammengeknotete Bettlaken.

Auch Herr P. kam - legal - irgendwann frei. Da abzusehen war, dass er schwer im normalen Leben Fuß fassen würde, vermittelte ihm der Vater einen Platz in einer sozialen Einrichtung. Dort blieb Herr P. bis zu seinem Lebensende. Der Kontakt zu ihm riss nie ab, selbst nachdem das Gefängnis geschlossen worden war. Die Tochter besuchte Herrn P. regelmäßig, mit ihrer ganzen Familie. Und heute noch legen ihre Kinder jedes Jahr unter den Weihnachtsbaum eine Krippe, die Herr P. gebastelt hatte.


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