Ausgabe vom 19. September 2020 - Gesundheit

Verdünnen für mehr Lebenskraft

Die klassische Homöopathie arbeitet von innen nach außen

Der von 1755 bis 1843 lebende Dr. Samuel Hahnemann war alles andere als ein bequemer Zeitgenosse. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, erhielt er dank seiner besonderen Begabungen ein Stipendium und konnte Chemie sowie Medizin studieren. Und wie dankte er es der damaligen Heilkunst? Er bezeichnete sie als stümperhaft und verzichtete nach einigen Jahren darauf, weiter als Arzt zu arbeiten. Stattdessen entwickelte er die klassische Homöopathie. Was zeichnet diese alternativmedizinische Behandlungsmethode aus? Das schildert - hier auszugsweise dargestellt - Yvonne Beutelrock vom Verein für Homöopathie und Gesundheitspflege Ulm / Neu-Ulm e.V.:

hs. Der sieben Sprachen beherrschende Dr. Samuel Hahnemann hatte nicht ganz unrecht mit seiner Kritik. Die Medizin war zu seiner Zeit weit entfernt von dem hohen Niveau, wie wir es heutzutage kennen. Krankheiten aller Art wurden meist mit Aderlass oder durchfallauslösenden Mitteln behandelt. Und unzählige Todesfälle waren nicht trotz, sondern gerade wegen der medizinischen Behandlung zu betrauern.

Der schwer enttäuschte Dr. Samuel Hahnemann wollte seinen Arztberuf an den Nagel hängen - aber natürlich trotzdem seine Familie ernähren. Da machte er sich seine Sprachkenntnisse zunutze und begann, medizinische Schriften zu übersetzen.

1790 übertrug er eine Abhandlung des schottischen Chemikers und Arztes Dr. William Cullen ins Deutsche. Dieser führende Arzneimittelexperte berichtete, dass die sogenannte Chinarinde helfen konnte gegen das damals häufig verbreitete Sumpffieber, sprich: gegen die Malaria. Dr. Samuel Hahnemann wollte das testen. Obwohl er nicht an Malaria erkrankt war, nahm er etwas Chinarinde ein. Dabei machte er eine überraschende Beobachtung. Und aus dieser Beobachtung heraus entwickelte er eine ganzheitliche Therapieform, die auch nach über 200 Jahren immer mehr Anhänger findet: die klassische Homöopathie.
Was beobachtete Dr. Samuel Hahnemann damals?

Die chininhaltige Rinde des Chinarindenbaumes hilft gegen Malaria, hieß es in einer Schrift, die Dr. Samuel Hahnemann 1790 vom Englischen ins Deutsche übersetzte. Der Chemiker und Mediziner hatte daran Zweifel und begann deswegen, das empfohlene Mittel selbst auszuprobieren. Er litt zwar gar nicht an Malaria, nahm aber immer wieder kleine Portionen der Rinde ein. Zu seiner Überraschung fühlte er sich nach jeder Probe so, als ob er doch Malaria hätte. Die malariaähnlichen Symptome verschwanden nach einigen Stunden und kamen erst wieder für kurze Zeit, sobald er eine neue Dosis einnahm. Daraus leitete er eine Grundregel ab:

Das Ähnlichkeitsprinzip
Verursacht ein Mittel bei einem gesunden Menschen Symptome einer Krankheit, die sich durch dieses Mittel heilen lässt, bedeutet dies, dass man Ähnliches mit Ähnlichem heilen kann. Genau das erleben wir auch, wenn wir Zwiebeln schneiden. Dann kämpfen wir nach kurzer Zeit mit tränenden Augen und laufender Nase, also mit schnupfenähnlichen Symptomen. Und tatsächlich gilt die Zwiebel als Hausmittel bei Schnupfen.
Dr. Samuel Hahnemann machte das Ähnlichkeitsprinzip zur Grundlage eines medizinischen Systems, das er Homöopathie - zu Deutsch: „ähnliches Leiden“ - nannte.

Die Arzneimittelprüfung
Nun war der Forschergeist des Mediziners entfacht. Er teste an sich, seiner Frau und seinen Schülern beinahe alles, was man so einnehmen kann: pflanzliche, mineralische oder tierische Substanzen, von der Tollkirsche über Schwefel bis zum Schlangengift - natürlich in geringen Mengen und nur an gesunde Probanden. Diese notierten genau, welche Symptome bei ihnen auftraten. Daraus ließ sich ableiten, bei welchen Krankheitssymptomen das geprüfte Mittel eingesetzt werden kann. So entstand eine umfangreiche Sammlung von Arzneimittelbildern als zweite Säule der Homöopathie.

Die Potenzierung
Auch giftige Substanzen wie Quecksilber, Arsen und Tollkirsche wurden verwendet - aber natürlich verdünnt. Das Verdünnen ergänzte Dr. Samuel Hahnemann um rhythmisches Schütteln und Schlagen der Mischung. Diese „Potenzierung“ - als dritte Säule der Homöopathie - sollte die heilende Energie aus der Substanz befreien. Dabei beobachtete Dr. Samuel Hahnemann Erstaunliches: Je mehr er eine Substanz potenzierte, über eine desto stärkere und schnellere Wirkung berichteten die Patienten.
Unterschieden wird vor allem in D- oder C-Potenzen:
D-Potenzen: Man verdünnt die Substanz im Verhältnis 1 zu 9, meist mit einer Wasser-Alkoholmischung. Es kommen also zu einem Teil des Mittels neun Teile des Wasser-Alkoholgemisches hinzu. Das Ganze wird in einem Behälter verschüttelt oder verrieben und anschließend zehnmal fest gegen einen federnden Gegenstand geschlagen. Das Ergebnis ist eine D 1-Potenz. Wird eine Einheit dieser D 1-Potenz nochmals mit neun Einheiten Wasser-Alkohol verdünnt, geschüttelt und geschlagen, hat man eine D 2-Potenz. So kann es beliebig weitergehen. Ab der D 24-Potenz lässt sich die Ursprungssubstanz in der Gesamtmischung labortechnisch nicht nachweisen.
C-Potenzen: Doch D-Potenzen erscheinen geradezu als grobschlächtig im Vergleich zu C-Potenzen. Denn hier ist jeder Verdünnungsschritt zehnmal so stark. Das heißt: Die C 1-Potenz setzt sich zusammen aus einem Teil des Mittels und 99 Teilen Wasser-Alkoholgemisch. Die C 2-Potenz besteht aus einer Einheit C 1 und weiteren 99 Einheiten Wasser-Alkohol... So wird schon nach einigen Potenzierungen der Punkt erreicht, ab dem man die Ursprungssubstanz nicht mehr in der Gesamtmischung feststellen kann.

Die Lebenskraft
Paradoxerweise beobachtete Dr. Samuel Hahnemann ja gerade bei den hoch potenzierten Lösungen eine besonders starke Wirkung. Er erklärte sich das mit der Lebenskraft als einer Energie, die jeden Menschen durchströmt. Fernöstliche Lehren beruhen ebenfalls auf der Vorstellung einer solchen Lebensenergie, welche sie beispielsweise als Qi oder Chi bezeichnen.
Für Dr. Samuel Hahnemann stellte jede Krankheit eine Verstimmung der Lebenskraft dar: Die Störung kann wie bei einem Schnupfen eher an der Oberfläche und akut beziehungsweise vorübergehend auftreten. Dann liegt sie überwiegend auf materieller Ebene. Deshalb wird ein mehr materiell arbeitendes, also weitgehend unverdünntes Mittel eingesetzt, sprich: eine niedrige Potenz wie D 1 oder D 2. Handelt es sich um eine tiefer gehende, chronische Erkrankung, so verwendet der Homöopath Mittel, die eher auf der energetischen Ebene ansetzen sollen. Und das sind die Substanzen, die mehrmals verdünnt beziehungsweise hoch potenziert wurden wie etwa eine C 30-Potenz.

Von innen nach außen
Die Homöopathie will also der Lebenskraft wieder den Weg freimachen. Und dieser Weg der Selbstheilung führt im Menschen von innen nach außen, von der Energie zur Materie. Deswegen fragt die Homöopathie auch intensiv nach den Ursachen von Erkrankungen und Beschwerden.
So ist Kopfweh nicht gleich Kopfweh. Es kann vielmehr aus unterschiedlichen Beweggründen herrühren, welche eine ganz andere Behandlung erfordern. Die Heilpraktikerin und Homöopathin Yvonne Beutelrock hatte beispielsweise schon einige Patienten, die jahrelang an Kopfschmerzen litten und denen bisher niemand helfen konnte. Bevor sie ein Präparat verschrieb, ließ sie sich jedes Mal die Lebensgeschichte schildern.
Bei einem der Patienten zeigte sich, dass er vor 15 Jahren einen Verkehrsunfall mit einem Schleudertrauma erlitten hatte und seitdem von Kopfschmerzen geplagt wurde. Ihm verordnete Yvonne Beutelrock das aus der Eisenhut-Pflanze gewonnene Aconitum, das Schocks auflösen soll. Verschrieben wurde es übrigens in der Potenz C 200, also in einer Verdünnung, in der das Aconitum gar nicht mehr messbar ist. Nach kurzer Zeit waren die Kopfschmerzen verschwunden.
Eine andere Patientin, ein stilles 12-jähriges Mädchen mit Migrationshintergrund, litt seit dem sechsten Lebensjahr an Kopfschmerzen. Es hatte vorher die Heimat, die Großeltern sowie ihre Freunde verlassen müssen und trauerte dem anscheinend immer noch nach. Es bekam nun hoch verdünntes Natrium Muriaticum C 200, das eingesetzt wird bei Patienten, die schon länger unter Kummer leiden. Schon nach wenigen Tagen war das Mädchen wie ausgewechselt: offener, fröhlicher und frei von Kopfschmerzen.

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