„Wenn man nett ist, sind die Leute hier nett!“
Ausländische Pflegekräfte im SeniorenWohnen Ludwigsfeld
Die Integration von Schwaben und anderen Zugewanderten
hs. Erinnern Sie sich noch an den „Schwabenstreit“? Er beschäftigte 2012/2013 zunächst Berlin, dann die Bundespolitik und schließlich sogar die New York Times in einem halbseitigen Artikel mit der Überschrift: „Schwäbische Separatisten schmeißen Spätzle“. Worum ging es? Einige, womöglich viele oder gar alle Berliner litten anscheinend unter den zahlreich zugewanderten Schwaben. Diese drohten - so lautete die Klage - mit ihrer Effizienz, ihrem Wohlstand und vor allem mit der Kehrwoche das Flair der deutschen Hauptstadt zu zerstören. Auch der damalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse beanstandete mangelnde Integrationsbereitschaft, sichtbar beispielsweise daran, dass viele der Zugezogenen beim Bäcker „Weckle“ verlangten: „In Berlin sagt man Schrippen – daran könnten sich selbst Schwaben gewöhnen“.
Die Lebensfreude weiß nun nicht, ob diese drängenden Probleme mittlerweile gelöst wurden oder lediglich etwas in Vergessenheit geraten sind. Die Diskussion zeigt jedoch, dass Inte-gration kein Selbstläufer ist, sondern Anstrengungen und Toleranz auf beiden Seiten erfordert. Das gilt vor allem, wenn Menschen aus anderen Nationen und Kulturkreisen zu uns kommen, um hier Aufgaben zu übernehmen, die sonst unerledigt blieben.
Was unternimmt das SeniorenWohnen Ludwigsfeld?
Viele Bewohner des SeniorenWohnen Ludwigsfeld können nur betreut werden, weil in der Einrichtung etliche ausländische Fachkräfte tätig sind. Diese gleichen den Mangel an deutschem Pflegepersonal aus und leisten dabei sehr gute Arbeit, betont Einrichtungsleiter Ralf Waidner. Er sieht seine Aufgabe aber nicht nur darin, möglichst viele Pfleger und Pflegerinnen aus aller Herren Länder zu gewinnen.
Er beschäftigt sich vielmehr damit, wie er die neuen Kollegen besser verstehen kann und welche Unterstützung sie benötigen. Dafür will er im kommenden Jahr sogar mit den Leitern anderer Einrichtungen nach Bosnien fahren. Denn er möchte ein Gespür für das Land entwickeln, aus dem so viele seiner Mitarbeiter stammen.
Bis dahin arbeitet er fleißig eine 199 DIN A 4-Seiten dicke Studie der Hans Böckler Stiftung durch. Sie schildert, worauf man bei der Eingliederung zugewanderter Pflegekräfte achten sollte. Demnach kommen die ausländischen Kollegen im Arbeitsalltag meist gut zurecht. Sie haben aber in ihrem Heimatland eine andere pflegerische Ausbildung genossen, oft in Form eines Studiums. Außerdem sind sie häufig eine andere Arbeitsteilung zwischen medizinischem Personal, Pflege- und Hilfskräften gewöhnt. Um hier Missverständnisse und Differenzen zu vermeiden, empfiehlt die Studie beispielsweise, genügend Freiräume zu schaffen für einen intensiven Meinungsaustausch.
Ralf Waidner befasst sich auch stark mit einer ganz praktischen Herausforderung: Wie kann er den neuen Mitarbeitern helfen, hier eine bezahlbare Wohnung zu finden? So hat er einen Pfleger mit seiner Familie in der Auszubildenden-Wohnung untergebracht.
Wie ergeht es den zugewanderten Pfegefachkräften?
Wie kommen die zugereisten Pflegekräfte im SeniorenWohnen Ludwigsfeld zurecht, wie fühlen sie sich in der neuen Heimat? Die Lebensfreude befragte die Pflegerin Zamira Mujkanovic‘-Mukinvic‘ sowie die beiden Pfleger Nedzad Mujacic und Mersad Suljkanovic.
Sie kamen alle 2016 oder 2017 aus Bosnien als ausgebildete Fachkräfte für Gesundheit und Krankenpflege nach Deutschland. Zuerst waren sie in Rheinland-Pfalz. Dort machten sie die Schulung und Prüfung, welche notwendig ist, damit ihre Ausbildung in Deutschland anerkannt wird. In Rheinland-Pfalz lernten sich die drei auch kennen. Und sie stellten fest, dass sie alle dasselbe Problem haben: Die mindestens zweimal im Jahr stattfindenden Fahrten in die bosnische Heimat dauern sehr lange. Deswegen suchten sie einen südlicher gelegenen Arbeitsplatz. Ein Kollege empfahl ihnen das SeniorenWohnen Ludwigsfeld. Denn er hatte dort früher gearbeitet und sich stets wohlgefühlt. So landeten die drei - sozusagen im Paket - zum 1.8.2018 bei Ralf Waidner.
Und wie gefällt es ihnen an ihrem neuen Arbeitsplatz? „Sehr gut“, lautet die einhellige Antwort. „Die Bewohner freuen sich, wenn sie uns sehen. Und wenn wir einmal frei haben, zählen sie die Tage, bis wir wieder kommen.“ Mersad Suljkanovic lobt auch, dass gute Leistung bemerkt und anerkannt wird. So wurde ihm bereits eine Schulung zum Wohnbereichsleiter angeboten.
Das Betriebsklima empfinden alle drei als sehr gut: Man fühlt sich in seinem Arbeitsteam wie in einer Familie. Die Vorgesetzten und Kollegen unterstützen einen nach Kräften, auch bei der schwäbischen Sprache. Diese ist übrigens immer noch verständlicher als das rheinland-pfälzische Platt.
Die drei wollen mit ihren Familien in Deutschland bleiben. Sie schätzen an ihrer neuen Heimat die Sicherheit: „Man kann hier normal leben“. Und sie schätzen die schwäbische Küche, beispielsweise Rotkraut mit Knödeln - auch wenn Mersad Suljkanovic etwas sehnsüchtig ergänzt: „Aber bosnisches Bourek ist einfach Bourek“.