Ausgabe vom 28. November 2020 - Expertenrat

Neues EU-Sanierungsrecht

Rechtsanwalt Michael Winterhoff

hs. "Wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her". Und für manches Unternehmen, das zurzeit in Schwierigkeiten steckt, könnte dieses "Lichtlein" eine neue EU-Richtlinie sein: Der präventive Restrukturierungsrahmen, der voraussichtlich ab 1.1.2021 gilt. Er bietet Unternehmen bessere Möglichkeiten, sich ohne Insolvenzverfahren von einer nicht mehr tragbaren Schuldenlast zu befreien. Wie, das erklärt Michael Winterhoff von der WINTERHOFF Rechtsanwalts GmbH in Ulm. Die Kanzlei ist spezialisiert auf Unternehmen in Krisensituationen. Sie betreut aber unter anderem auch kleinere Insolvenzverfahren, etwa von Selbständigen, Verbrauchern oder Erbnachlässen.

Michael Winterhoff erläutert - hier vereinfacht dargestellt - die verbesserte Rechtslage an einem fiktiven Beispiel:
Elektriker E. hatte viel Geld in sein Unternehmen investiert und dafür Darlehen aufgenommen. Sein Betrieb läuft eigentlich gut. Doch die Schulden sind zu hoch. Die Darlehensraten können aus den Unternehmensüberschüssen nicht bezahlt werden. Die Gläubiger, also die Banken, sehen sich deshalb außerstande, die

Darlehen zu verlängern.
Schon nach derzeit gültigem Recht bieten sich nun dem Elektriker einige Möglichkeiten:

Insolvenzverfahren
Er kann wegen Zahlungsunfähigkeit beim Gericht Insolvenz anmelden und dabei einen Insolvenzverwalter - beispielsweise Michael Winterhoff - vorschlagen. Weil das Unternehmen vergleichsweise klein ist, hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, den Geschäftsbetrieb freizugeben, also weiter laufen zu lassen. Er legt jedoch einen sogenannten fiktiven Unternehmerlohn fest. Dieser entspricht ungefähr dem Gehalt, welches Elektriker E. erhielte, wenn er seine Tätigkeit als Angestellter ausüben würde. Von dem Unternehmerlohn geht ein Teil - der pfändbare Teil - an die Gläubiger. Den Rest - den unpfändbaren Teil - darf der Schuldner behalten. Auch die über den gesamten Unternehmerlohn hinausgehenden Überschüsse bleiben im Betrieb. Nach 5 bis 6 Jahren ist das Insolvenzverfahren abgeschlossen. Die noch nicht zurückgezahlten Restschulden werden erlassen. Ab 2021 soll das Restschuldbefreiungsverfahren vom Gesetzgeber auf 3 Jahre verkürzt werden. Das Insolvenzverfahren kann in noch kürzerer Zeit abgeschlossen werden, wenn Elektriker E. vorher einen sogenannten Insolvenzplan aufstellt.

Außergerichtliche Sanierung
Elektriker E. hat aber auch die Chance, sich ohne den Makel der Insolvenz von seinen Schulden zu befreien. Nach bisherigem Recht gibt es hierfür die außergerichtliche Sanierung. Sie ist aber streng geregelt und birgt einige Risiken. So müssen alle Gläubiger in die Sanierungsgespräche einbezogen werden. Und keiner von ihnen darf einen höheren Anteil - Quote - an seiner Forderung zurückerhalten als die übrigen Gläubiger. Wenn es dann doch zu einer Insolvenz kommt, werden diese Vereinbarungen in der Regel angefochten. Das heißt: Die Gläubiger müssen die erhaltenen Gelder plus Zinsen an den Insolvenzverwalter zurückzahlen.

Restrukturierungsrahmen
Diese für Gläubiger und Schuldner nachteiligen Bedingungen sollen nach dem neuen präventiven Restrukturierungsrahmen nicht mehr gelten.
So genügt es, wenn Elektriker E. sich mit seinen wichtigsten Gläubigern einigt. Er muss auch nicht jedem Gläubiger dieselbe Quote bezahlen. Das Geld dafür kann er sich von einer Bank leihen. Dieses Bankdarlehen und die bereit gestellten Sicherheiten sind insolvenzfest. Das heißt: Die Bank muss bei einer eventuellen späteren Insolvenz nicht zugunsten der übrigen Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderung verzichten. Außerdem kann diese Finanzierung nicht angefochten werden. Der Betrieb bleibt bestehen. Das Gericht bestätigt auf Antrag den Vergleich. Die Restschulden werden sofort erlassen.

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