Über das Erben und Vererben
Tipps rund ums Erbe von Rechtsanwältin Gabriele Schmidt Fachanwältin für Arbeitsrecht und Erbrecht, Zertifizierte Mediatorin
gs. Es kann sehr lohnenswert sein, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie das Leben ohne einen weitergehen soll.
Denjenigen, denen es schwerfällt, sich mit diesem Thema rund ums Erbe auseinanderzusetzen, sei gesagt, es geht auch ohne eigene Regelungen. Der Gesetzgeber des letzten Jahrhunderts hat sich intensiv mit dem Vererben beschäftigt und ein sehr durchdachtes Regelwerk im 5. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs verfasst, das bis heute gilt.
Erbfolge
So ist festgelegt, wie es sich mit der Erbfolge verhält, wenn z.B. kein Testament vorhanden ist. Grundsätzlich dient der Nachlass der Versorgung der zurückbleibenden Familienmitglieder, so der Grundgedanke im Erbrecht. Deshalb erbt der überlebende Ehegatte nicht allein den Nachlass, sondern mit allen leiblichen Kindern des Verstorbenen und bildet mit diesen zwangsläufig eine Erbengemeinschaft. Wer allein über den Nachlass, nämlich das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen verfügen möchte, der muss dafür sorgen, dass das zu Lebzeiten geregelt wird.
Testament
Das geschieht mit Hilfe eines handschriftlichen oder eines notariellen Testaments, in dem man seinen letzten Willen verfügen kann. Das bedeutet, dass man den oder die Erben bestimmt und sein Hab und Gut an Menschen verteilt, die einem wichtig sind. Denkbar ist es auch, z.B. ein Musikinstrument der örtlichen Musikschule oder einem Museum zu vermachen. Über Vermächtnisse kann man wichtigen Menschen oder Institutionen eine besondere Freude machen. So gibt es verschiedene Möglichkeiten, seinen Nachlass zu verwerten. „Patchwork-Familien“ sei geraten, in jedem Falle testamentarische Verfügungen zu treffen, die die besondere Familiensituation berücksichtigen und so regeln, dass es möglichst keinen Streit gibt. Je klarer und eindeutiger die Entscheidungen formuliert sind, desto höher ist die Akzeptanz in der Erbengemeinschaft.
Erbschein
Ist der Erbe durch notarielles Testament oder Erbvertrag als Erbe eingesetzt worden, benötigt er keinen Erbschein mehr. Das ist bei einem handschriftlichen Testament anders. Hier prüft das Nachlassgericht die Wirksamkeit des Testaments und bestätigt diese in einem Erbschein, der beantragt werden muss. Erst mit der Vorlage des Erbscheins erhält der Erbe Zugang zu den Bankkonten des Verstorbenen und kann das Grundbuch berichtigen lassen, wenn sich ein Grundstück im Nachlass befindet.
Pflichtteil
Ein großes Thema im Erbrecht sind Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Was, wenn der Vater die 2. Ehefrau als seine Alleinerbin einsetzt und die Kinder leer ausgehen? Konsequent aus dem Versorgungsgedanken des Bürgerlichen Gesetzbuches erhalten die leiblichen Kinder einen gesetzlichen Geldanspruch in den Nachlass, eben den Pflichtteilsanspruch.
Sollte der Vater zu Lebzeiten, oft ist ein Zeitraum von 10 Jahren relevant, wertvolle Geschenke gemacht und damit sein Vermögen gemindert haben, dann stehen den enterbten Kindern ggf. Ergänzungsansprüche zum Pflichtteil zu. Diese Ansprüche verursachen große emotionale Belastungen. Der Erbe muss ausführlich und mit Belegen Auskunft geben zu den Werten des Nachlasses. Wenn der Pflichtteilsberechtigte mit den Auskünften nicht einverstanden ist oder ihnen misstraut, dann kann er die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen. Letztlich muss der Erbe einen Geldbetrag auszahlen und dafür unter Umständen einen Kredit aufnehmen oder Werte des Nachlasses veräußern.
Testamentsvollstreckung
Für komplexe Nachlässe mit einer größeren Anzahl von Erben und Vermächtnisnehmern empfiehlt es sich, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, der die Anordnungen des Testaments umsetzen muss. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass abzuwickeln. Die Erben haben dabei keine Regelungsbefugnisse. Mit dieser Möglichkeit stellt der Verstorbene sicher, dass sein Testament wirklich so umgesetzt wird, wie er es bestimmt hat.
Erbe ausschlagen
Ist zu befürchten, dass der Nachlass überschuldet ist, dann muss die Erbenposition innerhalb einer Frist von 6 Wochen ausgeschlagen werden. Ein Erbe muss rechtlich nicht angenommen werden. Man wird es automatisch. Erst, wenn man es nicht haben möchte, muss man aktiv werden.
EU-Ausland
Die Anzahl der EU-Bürger, die Immobilien im EU-Ausland besitzen, ist hoch. Ihnen muss bewusst sein, dass, wenn ihnen etwas passiert und sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt z.B. in der Immobilie in Spanien oder Italien haben, das entsprechende spanische oder italienische Erbrecht Anwendung findet. Vermeiden lässt sich dies nur dadurch, dass in einem Testament ausdrücklich das deutsche Erbrecht für anwendbar erklärt wird. Nach der europäischen Erbrechtsverordnung ist die Wahl des Erbrechts möglich, nur noch zu wenig bekannt.
Aktiv werden
Diese kleine Übersicht soll einen ersten Eindruck vermitteln, wie komplex sich das Erbrecht darstellt. Allerdings muss man sich auch klarmachen, dass hier vieles so gestaltet werden kann, wie man sich das vorstellt. Eine gute Beratung hilft weiter. Deshalb lautet meine Empfehlung: Regeln Sie Ihre Angelegenheiten selbst, sonst werden sie geregelt!

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